Sorry ich muss jetzt polemisch werden. Legionen von Gstudierten machen sich über die Implikationen des internationalen Handels unter allen möglichen Gesichtspunkten Gedanken und du weisst sofort wie's in realiter läuft. Inklusive Prognose über die zukünftige Entwicklung der chinesischen Einkommensverteilung. Net schlecht.
Ich schlage vor du beschäftigst dich mal mit den Basics, Theorie der komparativen Vorteile (die Basis für die Aussenhandelstheorie). China hat eine abundante Ausstattung mit dem Faktor Arbeit, unbestritten während der "Westen" technologisch und kapitalmässig besser ausgestattet sind. D.h. in arbeitsintensiven Industrien können die Chinesen ceteris paribus billiger produzieren und entsprechende Marktanteile bekommen. Das ist gut so, denn die Marktanteile bekommen sie nur, wenn sie billiger sind, denn sonst wird das Zeug niemand kaufen. Was bedeutet das für die obsolet gemachten Industrien in den zu teuren Ländern? Es bedeutet, dass die Arbeitskräfte dieser Industrien sich umorientieren müssen, die Arbeitskräfte und das Kapital werden frei um was anderes zu tun. D.h. Innovation, Strukturwandel unter Umständen auch Migration etc... Diese Geschichte ist vermutlich so alt, wie die Menschheit in größerem Stil Handel betreibt und es technischen Fortschritt gibt. Ich habs schon erwähnt, als in den 80ern in Vlbg die Textilindustrie eingegangen (weil nach Asien verlagtert) ist war das Klagen groß, keine Frage. Und jetzt macht man in Vlbg andere Dinge und fährt sehr gut damit, oder sind die Vorarlberger alle verarmt und arbeitslos? Oder die Obersteirer (Liste beliebig fortsetzbar). Schau mal die Welt an, Verlagerung von Arbeitskraft vom primären in den sekundären und tertiären Sektor, von einer Region oder einem Land in das nächste. Das ist die große Weltgeschichte und die endet sicher nicht damit, dass die Chinesen, die einzigen auf der Welt sind, die Arbeit und Auskommen haben, das ist ja völlig abstrus. In China wird es mit steigendem Einkommen genauso zu Wohlstandserrungenschaften wie bei uns kommen. Auch die Chinesen werden Steuern zahlen, sich Krankenhäuser und Urlaub etc leisten (tun die jetzt schon). Was glaubst den werden die Chinesen mit ihren Produktionsmöglichkeiten machen? Exportieren in Länder die durch diese ihre Produktion selbst verarmt sind und eh nix zum tauschen haben? Megapaläste für ihre Führer bauen und alle selbst arm bleiben?
Die Weltwirtschaft ist nicht statisch (Gottseidank sonst würden wir diese Diskussion per Brieftaube führen), es gibt Wandel mit Gewinnern und Verlierern, aber im Gesamten wird und wurde die Welt durch wirtschaftliche Integration und Arbeitsteilung reicher und mit steigendem Reichtum werden auch die Luxusprobleme, die wir haben (unser Probleme sind, wenn man nur 1-2 Generationen zurückdenkt echte Luxusprobleme).
Aufgabe der (inter oder auch supranationalen) Politik und der Staaten ist klarerweise den Strukturwandel zu lenken, durch Umverteilungsmechnismen die Verlierer kompensieren. Marktversagen zu eliminieren (durch sinnvolle Besteuerung) und Setzen der richtigen Anreize. Aber garantieren, dass alle IMMER und noch dazu die selbe Arbeit haben kann niemand. Das wäre nur in einer Welt möglich, in der es keinen Fortschritt gibt und konsequenterweise alle den lieben langen Tag damit beschäftigt sind sich die Beeren fürs Abendessen zu sammeln.
Und ja, es gibt in der Weltwirtschaft große Baustellen, vor allem was Nachhaltigkeit, Erhaltung der Ökosysteme, Bevölkerungswachstum und Verteilungsgerechtigkeit betrifft. Um diese anzugehen braucht es vieles, aber sich nicht vorgestrigen Protektionismus.
Jetzt noch ein paar weitere Gedanken zu Dingen, die du auf's Tapet gebracht hast:
ZitatNur mal so: Der Konzern war hochrentabel, bevor ein paar Ökonomen auf die Idee gekommen sind in den US- feuerfest Markt einzusteigen, um auch ja Weltmarktfürher zu werden. Vielleicht hätten sie sich vorher mal mit einem Juristen unterhalten sollen, weil nach geglückter Übernahme musste man plötzlich für ein paar Milliarden haften, die dem übernommenen Konzernen, die Asbest produziert hatten, aufgebrummt worden sind.
Eine alte Ökonomenweisheit sagt, dass nicht jede Entscheidung, die im Nachhinein falsch ist auch im Vorhinein dumm ist. Umgekehrt ist, nicht alles was im ex post gutgegangen ist ex ante vernünftig war. Die Frage ist nur, ob man die Chancen vernünftig einschätzt, weiss was man will und was die Konsequenzen sind wenn's schief geht. In dem Sinne bezweifle ich, dass da recht pauschal die Ökonomen schuld sind...
ZitatIst wohl auch richtig so, schließlich erklären uns ja auch unsere Ökonomen, daß es eh kein Problem ist, wenn von den ehemals 2800 Arbeitesplätze in Radenthein nur noch 300 übrig sind, weil diese Arbeitsplätze sind ja nicht verloren, nein: die sind nur hier verschwunden und in China x-fach wiederauftetaucht! Na, Gott sei Dank. Statt der 800 Bergarbeiter, die früher in der Millstätteralpe nach Magnesit geschürft haben schürfen heute rentabler 5000 Chinesen danach - sicherlich zu einem menschenwürdigen Lohn, und in einem Land wo Grubenunglücke zwecks der unglaublich strengen Vorschriften eh unbekannt sind...
Ja die Bergarbeiter hackeln jetzt in China, heissen Qiu Chang und Cho Ling und nicht mehr Sepp Goritschnig und Franz Oberhuber, das ist der Lauf der Dinge. Es sind auch nimmer 50% der Ös Bauern bzw. in der Landwirtschaft tätig wie noch in den 1950er Jahren. Deren Hacke machen jetzt Traktoren, Maschinen (und auch Bauern anderswo, Agrarimporte sind ja gestiegen). Hast damit auch ein Problem?
Und ja, die chinesischen Bergarbeiter hackeln zu Bedingungen, die für uns vermutlich unvorstellbar sind, obwohl sehr alte Mitbürger können sich noch an Umstände erinnern, die den chinesischen nahekommen. Wegen dem abundaten Arbeitsangebot in China haben die meisten Leute nämlich "in realiter" zwei Möglichkeiten: zu für uns übelsten Bedingungen arbeiten, oder gar nicht arbeiten und verdienen...was wird da wohl attraktiver sein? Aber die Annahme, dass diese Bedingungen immer so bleiben werden ist nix mehr als eine Annahme, eine nicht sehr plausible noch dazu.
ZitatSpielsucht ist im Normalfall das Ergebnis einer zugrundeliegenden psychiatrischen Erkrankung, und kann genausowenig wie andere Suchterkrankungen einfach mit mangelnder Selbstkontrolle abgetan werden. Und daß Ökonomen erkannt haben, daß mangelnde Selbstkontrolle zu schlechten Entscheidungen führt, ist irgendwie witzig, ich dachte bisher die mangelnde Selbstkontrolle von Ökonomen hat zu den schlechten Entscheidungen geführt, zwecks derer die Scheiße am dampfen war/ist.
Um schlechte ökonomische Entscheidungen zu treffen muss man nicht krank sein (das kann zwar vermutlich eine Hilfe sein, notwendig ist es nicht) - es reicht zukünftigen Nutzen hyperbolisch und nicht exponentiell abzudiskontieren (damit wäre sichergestellt, dass die Person zu sehr in der Gegenwart lebt und zu wenig in die Zukunft investiert - nicht nur finanziell, sondern zB auch gesundheitlich), es reicht ein Prokrastinationsproblem zu haben, um immer zu spät mit unangenehmen (aber langfristig produktiven) Dingen anzufangen und am Ende mit einer schlechten Ausbildung und einem schlechten Job dazustehen...
Und die mangelnde Selbstkontroll der Ökonomen ist vielleicht auch an dampfender Kacke schuld, viel mehr aber denke ich noch die mangelnden Ökonomiekenntnisse von Mamagern, Bankern Politikern und deren Wählern.
ZitatWobei mein einfaches Gemüt auch nicht recht versteht, was an einem System, bei dem von 251 Beteiligten genau 2 einen Gewinn erzielen effizient sein soll.
Das liegt daran, dass du offenbar nix vom Konzept des Erwartungsnutzen und einer gewissen Risikoliebe (die zB für Unternehmer fast unerlässlich ist) weisst. Die Sache läuft so: ein risikofreudiger Mensch ist bereit für die Teilnahme an einer Lotterie deren Erwartungswert X ist X'>X zu bezahlen (Sicherheitsäquivalent), einfach für die Chance den Gewinn zu machen. Das ist prinzipiell, solange man nicht mit Geld spielt, das einem nicht gehört und man wegen Überoptimismus die Chancen völlig schlecht einschätzt, überhaupt nix schlechtes (und zB für Unternehmer, die ja keine unbedeutende Rolle in einer modernen Wirtschaft spielen fast eine notwendige Vorraussetzung).
Jetzt haben wir zB 251 zu einem gewissen Grade risikofreudige Beteiligte, die bei der Lotterie mitmachen und deren ERWARTUNGSNUTZEN für sie ex ante groß genug ist um das Ticket zu bezahlen. D.h. diese Leute kaufen, wissend wie die Wahrscheinlichkeit ist, dass sie gewinnen (oder auch nicht), das Ticket deshalb ist es ganz offensichtlich für sie ein guter Deal ist. Darum gehts zum einen, zum anderen geht's darum, dass die Einnahmen dazu verwendet werden ein (fast) öffentliches Gut, den EHCB zu finanzieren, der ohne diese Kohle nicht existieren könnte, was den Beteiligten schadet, da sie den EHC gerne haben aber wissen, dass auf unter anderem auf Grund der Trittbrettfahrerproblematik eine andere Finanzierung schlecht möglich ist. D.h. diese Lotterie wird von den Beteiligten freiwillig und in erster Linie aus der Motivation der Eigennutzenmaximierung heraus angenommen und mit dem Ertrag finanziert man ein Gut, das den Leuten uU auch noch zusätzlichen Nutzen stiftet und as sonst nur schwer bereitzustellen wäre. Deshalb ist das effizient.