Griechenlands Hauptstadt versinkt im Verkehrschaos
Griechenland / Athen. Zu erheblichen Verkehrsproblemen kam es auch am Freitag in Athen. Grund dafür ist eine weitere 24-stündige Arbeitsniederlegung der Angestellten bei der Athener U-Bahn (Attiko Metro), der Elektrobahn (ISAP) und der Straßenbahn (Tram). Am Montag kommender Woche werden zwischen 12.00 und 17.00 keine Busse auf den Straßen der griechischen Hauptstadt verkehren, weil die Angestellten über ihr weiteres Vorgehen beraten wollen. Am Dienstag und Mittwoch kommender Woche ist erneut mit einem Verkehrschaos zu rechnen. Dann legen die Mitarbeiter sämtlicher Nahverkehrsbetriebe Athens (d.h. U-Bahn, Elektrobahn, Straßenbahn, Stadtbusse und Oberleitungsbusse) abermals gemeinsam ihre Arbeit nieder. Im öffentlichen Nahverkehr wird sich dann kein Rad mehr drehen. Unterstützung erhalten die Verkehrsarbeiter dann auch von den Taxibesitzern, die sich ebenfalls am Streik beteiligen wollen. Sie wenden sich mit dieser Maßnahme gegen die Liberalisierung ihrer Zunft. Was die Angestellten der öffentlichen Nahverkehrsmittel betrifft, so protestieren sie gegen geplante Versetzungen oder Entlassungen. Bereits am gestrigen Donnerstag (22. September) fuhren durch einen Totalstreik im Athener Nahverkehr, dem sich ebenfalls die Taxibesitzer angeschlossen hatten, keinerlei öffentliche Verkehrsmittel.
Kleiner Nebeneffekt: Zu den Protestkundgebungen im Zentrum kamen relativ wenige Teilnehmer. Einigen Beobachtern mutete das durch den Streik entstandene Verkehrschaos etwas kurios an, weil es ausgerechnet am „Internationalen Autofreien Tag" verursacht wurde – in früheren Jahren waren an diesem Tag alle öffentlichen Verkehrsmittel kostenlos, und die griechische Hauptstadt war dann of für den Privatverkehr gesperrt, was vor allem Radfahrer und Fußgänger auf den Plan lockte.
Dem Ausstand am gestrigen Donnerstag hatten sich auch die Angestellten der staatlichen Griechischen Bahn OSE angeschlossen. Zudem ruhte auf dem Athener Flugplatz „Eleftherios Venizelos", dem grössten des Landes, für drei Stunden der Flugverkehr.
Streik der Fluglotsen am Sonntag für „illegal" erklärt
Eine für Sonntag geplante 24-stündige Arbeitsniederlegung der Athener Fluglotsen wurde nun als „illegal" eingestuft. Den Plänen der Gewerkschafter zufolge sollte die für die Flugkontrolle notwendigen Tätigkeiten auf dem Internationalen Flughafen am Sonntag zwischen 1.00 Uhr und 24.00 Uhr verweigert werden. Die Fluglotsen nennen „finanzielle und institutionelle" Themen, für die sie eine Lösung verlangen.
(Quelle: Tagesthema der Griechenland Zeitung vom 23.09.2011)
Derartige Proteste und Arbeitsniederlegungen gelten für griechische Verhältnisse als eher „harmlos". Doch die Situation könnte sich in der kommenden Zeit drastisch zuspitzen. Die Angestellten der Athener Nahverkehrsmittel zeigen sich unbeugsam und wollen ihre 24-stündigen Arbeitsniederlegungen fortsetzen. Bereits am Dienstag und Mittwoch kommender Woche wollen sie erneut alle Handbremsen fest anziehen. Sie protestieren u.a. gegen die Fusionierung ihrer bisher fünf Trägerbetriebe sowie gegen Versetzungen und die sogenannte „Arbeitsreserve", die in vielen Fällen nach einem Jahr in Entlassungen münden könnte.
Nachlassen werden allem Anschein die öffentlich Angestellten bei dieser Kraftprobe nicht, die Proteste dürften sich eher verstärken. Vor allem die kommunistische KKE spornt zu weiteren Kämpfen an. Erklärtes Ziel ist der Sturz der Regierung. Am Mittwoch skandierte Generalsekretärin Aleka Papariga: „Wir bezahlen nicht und gehen keinen Schritt zurück!" Ähnlich entschlossen zeigt sich auch das linke Wahlbündnis SYRIZA.
Die Linke Zeitung Avgi titelte in ihrer Ausgabe vom Donnerstag: „Hinrichtung der Gesellschaft". Die auflagenstärkste Tageszeitung „Ta Nea" sprach von einer „Opferbank", an die die Griechen geführt würden.
Auszuschließen ist in der gegenwärtigen Lage in Griechenland nichts mehr. Sowohl die Opposition als auch die Demonstranten auf den Straßen sägen mächtig und letztendlich gemeinsam am Stuhl der Regierung. In den nächsten Tagen und Wochen wird sich zeigen, wie stark der Atem der Regierung Papandreou noch ist.
Streiks sind sicher ein legitimes Recht verschiedener Interessensgruppen, um auf Mißstände aufmerksam zu machen bzw. Verbesserungen zu fordern. Aber es ist nun wohl schon mehr als fraglich, ob diese andauernden Proteste für das krisengebeutelte Griechenland und seine ungewisse Zukunft hilfreich sein werden? Anstatt immer wieder zu versuchen, einzelne Interessen durchzudrücken (oder viele notwendige Reformen zu verhindern) sollten alle Griechen im Interesse der Zukunft ihres schönen Landeseinmal einen gemeinsamen und patriotischen Kraftakt versuchen umzusetzen. Dabei wäre aber viel mehr Konsequenz in der Umsetzung der notwendigen Maßnahmen erforderlich und vor allem auch eine besser ausgewogene Belastung seiner Bürger.