- Offizieller Beitrag
im "kurier" war in den letzten zwei tagen jeweils ein großer bericht über die nhl-österreicher zu lesen. ich poste die zwei berichte inkl. brandner-interview:
6.1.04
Der Dollar entscheidet über Licht und Schatten
von Peter Karlik St. Louis
Trans-World-Dome (Football) - Fünfte Straße, Bush-Memorial-Stadium (Baseball) - Fünfte Straße, Savvis-Center (Eishockey) - 14. Straße. Die drei großen Sportstätten in St. Louis sind nicht nur im Stadtzentrum, sondern auch höchstens 15 Minuten Gehzeit voneinander entfernt. Eine Konzentration, die in keiner europäischen Stadt möglich wäre und erahnen lässt, welchen Stellenwert der Sport in der 800.000-Einwohner-Stadt hat.
Selbst wenn am Vormittag das Baseball-Stadion mit 40.000 Zuschauern gefüllt ist, kommen am Abend 20.000 zum Eishockey. Die Fans können sich aber auch sicher sein: In allen drei Sportarten zählt St. Louis zu den Besten in den weltbesten Ligen.
GELD REGIERT
Ein Paradies für Sportler und deren Fans. Im Zentrum des Geschehens ist ab und zu auch ein Wiener. Letzte Woche stand Reinhard Divis im Tor der St. Louis Blues. Bei einem der besten, beziehungsweise - gemessen an den Spielergehältern - einem der reichsten Klubs in der besten Eishockey-Liga der Welt, der NHL.
Divis wehrte gegen die übermächtigen New York Rangers 39 Schüsse ab und wurde beim 5:4-Erfolg als Matchwinner gefeiert. Fast 20.000 Zuschauer bejubelten den 28-jährigen Goalie, der vom Farmteam aus Worcester geholt worden war, um den verletzten Stammtorhüter Chris Osgood zu ersetzen. "Wir hätten das Spiel nie gewinnen dürfen", sagt Divis. "Wir hatten nicht einmal halb so viele Chancen wie die Rangers." Dafür hatten die New Yorker keinen Divis im Tor.
Abgesehen von seiner starken Leistung war St. Louis nur im Powerplay stark, scorte in Überzahl gleich vier Mal. "Es wäre traurig, wenn das Powerplay nicht funktionieren würde. Schließlich stehen bei uns Spieler auf dem Eis, die zehn Millionen Dollar in einer Saison kassieren."
Das Gehalt eines Spielers korreliert aber nicht immer mit seinen Leistungen. Deshalb wurde gegen die Rangers auch Divis als eigentliche Nr. 3 der eigentlichen Nr. 2 Brent Johnson vorgezogen. Johnson kassiert pro Saison 1,1 Millionen Dollar - ein Vielfaches des Österreichers. Das ist aber auch ein Mitgrund, warum Divis wieder ins Farmteam musste und Johnson wieder der Ersatzmann von Chris Osgood (vier Millionen Dollar Salär) ist. Divis: "Hätten sie Johnson hinunter geschickt, dann hätte ihn ein anderer Verein auf Grund der komplizierten Transferbestimmungen in der NHL günstig verpflichten können." Blues-Trainer Joel Quenneville erklärt: "Wir müssen unsere Aktiva schützen." Auch die Tageszeitung St. Louis Post widmete sich der Problematik und schrieb von einer unsportlichen Entscheidung. Der Wiener reagierte natürlich enttäuscht: "Sie haben mir nur gesagt, dass ich gut war und dass ich wieder ins Farmteam muss. Mehr nicht. Ich hab' alles getan. Aber ich werd' nicht aufgeben."
Deshalb kam es gestern auch nicht zum ersten Österreicher-Duell in der NHL zwischen Divis und Christoph Brandner, der mit den Minnesota Wild in St. Louis gastierte. Im Gegensatz zu Divis hat Brandner einen Stammplatz im 23-Mann-Kader des Conference-Finalisten des Vorjahres erkämpft. Die offizielle Liga-Homepage <http://www.nhl.com> widmete dem Steirer am Freitag sogar die Aufmacher-Story. Bisher hat Brandner 32 Spiele absolviert und dabei vier Tore erzielt und vier Assists geleistet.
SCHATTENWELT
Der Unterschied zwischen den Ligen NHL und AHL, in der die Farmteams spielen, ist natürlich sehr groß. Divis flog am Wochenende wieder nach Worcester, einer Stadt in der Nähe von Boston, wo er bei den Icecats die Nummer eins im Tor ist. Laut Statistik ist er der zweitbeste Keeper der Liga. Worcester hat durchschnittlich 4000 Zuschauer, ist aber für einen Eishockey-Profi dennoch wie eine Schattenwelt, wenn er im grellen Scheinwerferlicht im NHL-Team stehen könnte.
Für Divis könnten die Lichter bald wieder angehen. Denn Brent Johnson zeigte in den letzten zwei Saisonen zu oft Unsicherheiten, die Blues versuchen ihn zu traden. "Das Problem ist allerdings sein hohes Gehalt", erklärt Divis. Sollte St. Louis einen Klub für Johnson finden, dann ist das Pendlerleben für Divis vorerst vorbei. Dann darf der Wiener mit seiner Familie für längere Zeit in das Sport-Paradies übersiedeln.
7.1.04
20.000 Familienmitglieder machen einen Ausflug
von Peter Karlik St. Louis
Es ist 19.03 Uhr im Savvis-Center von St. Louis. Vor 19.411 Zuschauern verkündet der Hallensprecher die Starting-Five im Spiel der St. Louis Blues gegen Minnesota Wild: "And with number twenty-six: Kristooff Brändnör!" Wieder einmal eröffnet der Österreicher ein NHL-Spiel. Dem Publikum ist das ziemlich egal. Wir sind ja in St. Louis, neun Autostunden von St. Paul und der Wild-Heimat entfernt.
Hier wird über das Problem mit den Goalies gesprochen. Ob nicht Reinhard Divis die bessere Nummer zwei wäre als der außer Form befindliche Brent Johnson? Dann wäre der Wiener im Duell mit dem Steirer Christoph Brandner am Montag auf der Ersatzbank gesessen. Eine transferpolitische Entscheidung sorgt aber dafür, dass Divis vorerst wieder im Farmteam ins Tor muss.
NORMALITÄT Daher bleibt das Spiel in St. Louis ein normales Auswärtsspiel für Minnesota und wird nicht zum ersten der NHL-Geschichte mit zwei Österreichern.
Das Spiel ist dennoch beeindruckend, beginnt aber eigentlich nicht mit dem Bully, sondern schon mit der Einreise in die USA.
Die so grimmig aussehende Dame am Visa-Schalter beginnt plötzlich zu lächeln, weil ein Österreicher die lange Reise auf sich genommen hat, um ein Hockey-Spiel zu sehen. Es scheint keine Einbildung zu sein, dass der Stempel im Pass schneller landet als bei den meisten anderen Ausländern.
Zum Spiel gehört auch schon der erste Anblick der Halle. Was heißt Halle - das Savvis-Center ist ein Palast: 20.000 gepolsterte Sitzplätze mit Getränkehaltern, ein TV-Oktaeder mit acht Bildschirmen für Wiederholungen und Statistiken, mehrere Restaurants, unzählige Logen für die Sponsoren. Die Leuchtreklamen im Zuschauerraum erinnern an ein Shopping-Center, sind gleichzeitig aber auch ein Who is Who der US-Economy: Pepsi, Boeing, American Airlines, Budweiser oder Pontiac sind stolze Sponsoren der Blues.
NEBENSACHE Doch all das wird zum Schnickschnack, wenn sich die Stars on Ice erstmals auf die Schläger sehen lassen. Passes, die so scharf geschossen werden, dass sie jeden Hobbyspieler umhauen würden, werden angenommen, als klebe der Puck auf der Schaufel. Und die Spieler beweisen, dass sie aus jeder Distanz den Puck im Kreuzeck unterkriegen.
Am Abend erscheint das Hockeycenter im beleuchteten Glanz. Die Frage "Do you bleed blue?", wird zum zentralen Anliegen des Hockey-Adels. Obwohl Minnesota kein Traditionsteam ist, ist die Heimstätte der Blues fast ausverkauft.
Die Stimmung ist dann gut, wenn auf den TV-Schirmen "make noise" steht; oder mit lauter Musik gepusht wird; oder die Blues ein Tor schießen; oder es zu einer Rauferei kommt.
Sonst ähnelt der Besuch eines der qualitativ extrem hoch stehenden Spieles eher einem Kinobesuch. Fans wie in Österreich, die 60 Minuten lang mit Händen, Füßen und Stimmbändern Stimmung machen, gibt es in Amerika nicht. Der Besuch eines NHL-Spiels ist eine Familienangelegenheit.
UNBEKANNT Das Wort "victory" scheint für die Spieler der Minnesota Wild immer mehr zum Fremdwort zu werden. Denn nach dem 1:2 in Edmonton und dem 1:3 in Colorado kann das Team um Christoph Brandner auch in St. Louis nicht jubeln. Schon nach 19 Sekunden, Brandner ist auf dem Eis, fällt das 1
für die Blues, nutzt Rycroft die Verwirrung der wieder neu zusammengestellten Minnesota-Anfangsformation.
Nur zwei Mal können die Gäste im ersten Drittel ungefährlich auf das Tor schießen. Minnesota-Starcoach Jaques Lemaire bleibt seinem Linienspiel treu und würfelt weiter durcheinander. Brandner kommt meist mit Dupuis und Laaksonen zum Einsatz. Aber auch im Powerplay hat er seine Aufgabe. Mit seinem mächtigen Körper soll er vor dem Tor von Blues-Keeper Osgood für Unruhe sorgen. Das bringt meist mehr blaue Flecken als Torerfolge mit sich.
Zwei Sekunden, nachdem Brandner das Eis verlassen hat, erzielt im zweiten Drittel Zyuzin den 1:1-Endstand. Brandner kommt auf 14
3 Minuten Eiszeit. Zum Vergleich: Blues-Starverteidiger Chris Pronger spielt 32:15 Minuten. Wie viel Gefühl der 9,5-Millionen-Dollar-Mann besitzt, zeigt er, als er einen Pass auf Kniehöhe mit dem Schläger stoppt, als hätte er einen Fanghandschuh auf der Schaufel.
Nach der gerechten Punkteteilung - für Minnesota war es im 41. Spiel bereits das elfte Remis - gehen die Fans zufrieden nach Hause. Und die Minnesota-Spieler eilen zum Flughafen. Denn schon am Mittwoch kommen die Chicago Blackhawks nach Minnesota.
"Schläge zu kassieren, ist ein Teil meines Jobs"
Wenn auch die Millionen-Stars nach einem Spiel schnell zum Flughafen müssen, Zeit für ein Interview haben sie alle Mal. Und sei's in der Kabine zwischen Abtrocknen und Anziehen. Christoph Brandner macht da keine Ausnahme.
KURIER: Christoph, du spielst hier vor 20.000 Zuschauern. Kannst du das alles noch genießen?
BRANDNER: Eigentlich ist's ein Wahnsinn. Aber man gewöhnt sich dran. Immerhin hab' ich jetzt schon 33 Spiele hinter mir.
Nach der Hälfte des Grunddurchgangs steht Minnesota mit 39 Punkten ganz weit hinten. Werden die Klubbosse nervös?
Überhaupt nicht. Die Saison ist noch lang, und es wird sich noch einiges ändern. Außerdem ist der Klub noch jung. Da kannst eben nicht jedes Jahr so viel erwarten.
Warum gewinnt Minnesota so selten?
Wir sind ein sehr kampfstarkes Team. Im Vorjahr konnte Minnesota auf diese Weise überraschen, ist sogar ins Conference-Finale gekommen. Heuer wissen die meisten, wie sie gegen uns spielen müssen.
Am Beginn der Saison hast du über die großen Belastungen und über
Gewichtsabnahme geklagt. Wie geht's dir jetzt?
Noch nicht wirklich besser. Ich hab' jetzt mit der Vorbereitung so viele Spiele wie normal in einer europäischen Meisterschaft in den Beinen. In den nächsten 29 Tagen haben wir 17 Matches. Da kannst kaum regenerieren. Aber auch andere Spieler, die zuvor in Europa waren, haben diese Probleme gehabt.
Wie äußert sich das?
Du verlierst an Spritzigkeit. Dadurch komm' ich kaum noch zu Chancen.
Im Powerplay musstest du von St.Louis-Keeper Osgood und Verteidiger Baron vor dem Tor auch noch Schläge einstecken . . .
Das ist mein Job. Deshalb spiele ich im Powerplay, um vor dem Tor Platz zu schaffen.
Du hast einen Großteil der Spiele absolviert. Bist du schon davor gefeit, irgendwann ins Farmteam nach Houston abgeschoben zu werden?
Nein, diese Gefahr besteht immer. Demnächst müssen wieder zwei Spieler gehen. Ich hätte erst einen kleinen Vorteil, wenn ich heuer 60 Spiele absolviere, dann bekäme ich einen besseren Vertrag.
Wie sieht der Arbeitstag eines NHL-Profis aus?
Aufstehen um 7.45 Uhr. Nach dem Frühstück ab in die Halle. Meistens um 10 Uhr Training. Am Spieltag aber nur eine halbe Stunde lang. Dann zurück nach Hause, Nudeln essen und schlafen geh'n. Ab 15.30 Uhr wird's kribbelig, da fängt die Vorbereitung fürs Abendspiel an.
Interview: Peter Karlik
6.1.04
Der Dollar entscheidet über Licht und Schatten
von Peter Karlik St. Louis
Trans-World-Dome (Football) - Fünfte Straße, Bush-Memorial-Stadium (Baseball) - Fünfte Straße, Savvis-Center (Eishockey) - 14. Straße. Die drei großen Sportstätten in St. Louis sind nicht nur im Stadtzentrum, sondern auch höchstens 15 Minuten Gehzeit voneinander entfernt. Eine Konzentration, die in keiner europäischen Stadt möglich wäre und erahnen lässt, welchen Stellenwert der Sport in der 800.000-Einwohner-Stadt hat.
Selbst wenn am Vormittag das Baseball-Stadion mit 40.000 Zuschauern gefüllt ist, kommen am Abend 20.000 zum Eishockey. Die Fans können sich aber auch sicher sein: In allen drei Sportarten zählt St. Louis zu den Besten in den weltbesten Ligen.
GELD REGIERT
Ein Paradies für Sportler und deren Fans. Im Zentrum des Geschehens ist ab und zu auch ein Wiener. Letzte Woche stand Reinhard Divis im Tor der St. Louis Blues. Bei einem der besten, beziehungsweise - gemessen an den Spielergehältern - einem der reichsten Klubs in der besten Eishockey-Liga der Welt, der NHL.
Divis wehrte gegen die übermächtigen New York Rangers 39 Schüsse ab und wurde beim 5:4-Erfolg als Matchwinner gefeiert. Fast 20.000 Zuschauer bejubelten den 28-jährigen Goalie, der vom Farmteam aus Worcester geholt worden war, um den verletzten Stammtorhüter Chris Osgood zu ersetzen. "Wir hätten das Spiel nie gewinnen dürfen", sagt Divis. "Wir hatten nicht einmal halb so viele Chancen wie die Rangers." Dafür hatten die New Yorker keinen Divis im Tor.
Abgesehen von seiner starken Leistung war St. Louis nur im Powerplay stark, scorte in Überzahl gleich vier Mal. "Es wäre traurig, wenn das Powerplay nicht funktionieren würde. Schließlich stehen bei uns Spieler auf dem Eis, die zehn Millionen Dollar in einer Saison kassieren."
Das Gehalt eines Spielers korreliert aber nicht immer mit seinen Leistungen. Deshalb wurde gegen die Rangers auch Divis als eigentliche Nr. 3 der eigentlichen Nr. 2 Brent Johnson vorgezogen. Johnson kassiert pro Saison 1,1 Millionen Dollar - ein Vielfaches des Österreichers. Das ist aber auch ein Mitgrund, warum Divis wieder ins Farmteam musste und Johnson wieder der Ersatzmann von Chris Osgood (vier Millionen Dollar Salär) ist. Divis: "Hätten sie Johnson hinunter geschickt, dann hätte ihn ein anderer Verein auf Grund der komplizierten Transferbestimmungen in der NHL günstig verpflichten können." Blues-Trainer Joel Quenneville erklärt: "Wir müssen unsere Aktiva schützen." Auch die Tageszeitung St. Louis Post widmete sich der Problematik und schrieb von einer unsportlichen Entscheidung. Der Wiener reagierte natürlich enttäuscht: "Sie haben mir nur gesagt, dass ich gut war und dass ich wieder ins Farmteam muss. Mehr nicht. Ich hab' alles getan. Aber ich werd' nicht aufgeben."
Deshalb kam es gestern auch nicht zum ersten Österreicher-Duell in der NHL zwischen Divis und Christoph Brandner, der mit den Minnesota Wild in St. Louis gastierte. Im Gegensatz zu Divis hat Brandner einen Stammplatz im 23-Mann-Kader des Conference-Finalisten des Vorjahres erkämpft. Die offizielle Liga-Homepage <http://www.nhl.com> widmete dem Steirer am Freitag sogar die Aufmacher-Story. Bisher hat Brandner 32 Spiele absolviert und dabei vier Tore erzielt und vier Assists geleistet.
SCHATTENWELT
Der Unterschied zwischen den Ligen NHL und AHL, in der die Farmteams spielen, ist natürlich sehr groß. Divis flog am Wochenende wieder nach Worcester, einer Stadt in der Nähe von Boston, wo er bei den Icecats die Nummer eins im Tor ist. Laut Statistik ist er der zweitbeste Keeper der Liga. Worcester hat durchschnittlich 4000 Zuschauer, ist aber für einen Eishockey-Profi dennoch wie eine Schattenwelt, wenn er im grellen Scheinwerferlicht im NHL-Team stehen könnte.
Für Divis könnten die Lichter bald wieder angehen. Denn Brent Johnson zeigte in den letzten zwei Saisonen zu oft Unsicherheiten, die Blues versuchen ihn zu traden. "Das Problem ist allerdings sein hohes Gehalt", erklärt Divis. Sollte St. Louis einen Klub für Johnson finden, dann ist das Pendlerleben für Divis vorerst vorbei. Dann darf der Wiener mit seiner Familie für längere Zeit in das Sport-Paradies übersiedeln.
7.1.04
20.000 Familienmitglieder machen einen Ausflug
von Peter Karlik St. Louis
Es ist 19.03 Uhr im Savvis-Center von St. Louis. Vor 19.411 Zuschauern verkündet der Hallensprecher die Starting-Five im Spiel der St. Louis Blues gegen Minnesota Wild: "And with number twenty-six: Kristooff Brändnör!" Wieder einmal eröffnet der Österreicher ein NHL-Spiel. Dem Publikum ist das ziemlich egal. Wir sind ja in St. Louis, neun Autostunden von St. Paul und der Wild-Heimat entfernt.
Hier wird über das Problem mit den Goalies gesprochen. Ob nicht Reinhard Divis die bessere Nummer zwei wäre als der außer Form befindliche Brent Johnson? Dann wäre der Wiener im Duell mit dem Steirer Christoph Brandner am Montag auf der Ersatzbank gesessen. Eine transferpolitische Entscheidung sorgt aber dafür, dass Divis vorerst wieder im Farmteam ins Tor muss.
NORMALITÄT Daher bleibt das Spiel in St. Louis ein normales Auswärtsspiel für Minnesota und wird nicht zum ersten der NHL-Geschichte mit zwei Österreichern.
Das Spiel ist dennoch beeindruckend, beginnt aber eigentlich nicht mit dem Bully, sondern schon mit der Einreise in die USA.
Die so grimmig aussehende Dame am Visa-Schalter beginnt plötzlich zu lächeln, weil ein Österreicher die lange Reise auf sich genommen hat, um ein Hockey-Spiel zu sehen. Es scheint keine Einbildung zu sein, dass der Stempel im Pass schneller landet als bei den meisten anderen Ausländern.
Zum Spiel gehört auch schon der erste Anblick der Halle. Was heißt Halle - das Savvis-Center ist ein Palast: 20.000 gepolsterte Sitzplätze mit Getränkehaltern, ein TV-Oktaeder mit acht Bildschirmen für Wiederholungen und Statistiken, mehrere Restaurants, unzählige Logen für die Sponsoren. Die Leuchtreklamen im Zuschauerraum erinnern an ein Shopping-Center, sind gleichzeitig aber auch ein Who is Who der US-Economy: Pepsi, Boeing, American Airlines, Budweiser oder Pontiac sind stolze Sponsoren der Blues.
NEBENSACHE Doch all das wird zum Schnickschnack, wenn sich die Stars on Ice erstmals auf die Schläger sehen lassen. Passes, die so scharf geschossen werden, dass sie jeden Hobbyspieler umhauen würden, werden angenommen, als klebe der Puck auf der Schaufel. Und die Spieler beweisen, dass sie aus jeder Distanz den Puck im Kreuzeck unterkriegen.
Am Abend erscheint das Hockeycenter im beleuchteten Glanz. Die Frage "Do you bleed blue?", wird zum zentralen Anliegen des Hockey-Adels. Obwohl Minnesota kein Traditionsteam ist, ist die Heimstätte der Blues fast ausverkauft.
Die Stimmung ist dann gut, wenn auf den TV-Schirmen "make noise" steht; oder mit lauter Musik gepusht wird; oder die Blues ein Tor schießen; oder es zu einer Rauferei kommt.
Sonst ähnelt der Besuch eines der qualitativ extrem hoch stehenden Spieles eher einem Kinobesuch. Fans wie in Österreich, die 60 Minuten lang mit Händen, Füßen und Stimmbändern Stimmung machen, gibt es in Amerika nicht. Der Besuch eines NHL-Spiels ist eine Familienangelegenheit.
UNBEKANNT Das Wort "victory" scheint für die Spieler der Minnesota Wild immer mehr zum Fremdwort zu werden. Denn nach dem 1:2 in Edmonton und dem 1:3 in Colorado kann das Team um Christoph Brandner auch in St. Louis nicht jubeln. Schon nach 19 Sekunden, Brandner ist auf dem Eis, fällt das 1

Nur zwei Mal können die Gäste im ersten Drittel ungefährlich auf das Tor schießen. Minnesota-Starcoach Jaques Lemaire bleibt seinem Linienspiel treu und würfelt weiter durcheinander. Brandner kommt meist mit Dupuis und Laaksonen zum Einsatz. Aber auch im Powerplay hat er seine Aufgabe. Mit seinem mächtigen Körper soll er vor dem Tor von Blues-Keeper Osgood für Unruhe sorgen. Das bringt meist mehr blaue Flecken als Torerfolge mit sich.
Zwei Sekunden, nachdem Brandner das Eis verlassen hat, erzielt im zweiten Drittel Zyuzin den 1:1-Endstand. Brandner kommt auf 14

Nach der gerechten Punkteteilung - für Minnesota war es im 41. Spiel bereits das elfte Remis - gehen die Fans zufrieden nach Hause. Und die Minnesota-Spieler eilen zum Flughafen. Denn schon am Mittwoch kommen die Chicago Blackhawks nach Minnesota.
"Schläge zu kassieren, ist ein Teil meines Jobs"
Wenn auch die Millionen-Stars nach einem Spiel schnell zum Flughafen müssen, Zeit für ein Interview haben sie alle Mal. Und sei's in der Kabine zwischen Abtrocknen und Anziehen. Christoph Brandner macht da keine Ausnahme.
KURIER: Christoph, du spielst hier vor 20.000 Zuschauern. Kannst du das alles noch genießen?
BRANDNER: Eigentlich ist's ein Wahnsinn. Aber man gewöhnt sich dran. Immerhin hab' ich jetzt schon 33 Spiele hinter mir.
Nach der Hälfte des Grunddurchgangs steht Minnesota mit 39 Punkten ganz weit hinten. Werden die Klubbosse nervös?
Überhaupt nicht. Die Saison ist noch lang, und es wird sich noch einiges ändern. Außerdem ist der Klub noch jung. Da kannst eben nicht jedes Jahr so viel erwarten.
Warum gewinnt Minnesota so selten?
Wir sind ein sehr kampfstarkes Team. Im Vorjahr konnte Minnesota auf diese Weise überraschen, ist sogar ins Conference-Finale gekommen. Heuer wissen die meisten, wie sie gegen uns spielen müssen.
Am Beginn der Saison hast du über die großen Belastungen und über
Gewichtsabnahme geklagt. Wie geht's dir jetzt?
Noch nicht wirklich besser. Ich hab' jetzt mit der Vorbereitung so viele Spiele wie normal in einer europäischen Meisterschaft in den Beinen. In den nächsten 29 Tagen haben wir 17 Matches. Da kannst kaum regenerieren. Aber auch andere Spieler, die zuvor in Europa waren, haben diese Probleme gehabt.
Wie äußert sich das?
Du verlierst an Spritzigkeit. Dadurch komm' ich kaum noch zu Chancen.
Im Powerplay musstest du von St.Louis-Keeper Osgood und Verteidiger Baron vor dem Tor auch noch Schläge einstecken . . .
Das ist mein Job. Deshalb spiele ich im Powerplay, um vor dem Tor Platz zu schaffen.
Du hast einen Großteil der Spiele absolviert. Bist du schon davor gefeit, irgendwann ins Farmteam nach Houston abgeschoben zu werden?
Nein, diese Gefahr besteht immer. Demnächst müssen wieder zwei Spieler gehen. Ich hätte erst einen kleinen Vorteil, wenn ich heuer 60 Spiele absolviere, dann bekäme ich einen besseren Vertrag.
Wie sieht der Arbeitstag eines NHL-Profis aus?
Aufstehen um 7.45 Uhr. Nach dem Frühstück ab in die Halle. Meistens um 10 Uhr Training. Am Spieltag aber nur eine halbe Stunde lang. Dann zurück nach Hause, Nudeln essen und schlafen geh'n. Ab 15.30 Uhr wird's kribbelig, da fängt die Vorbereitung fürs Abendspiel an.
Interview: Peter Karlik