Quelle: Orf.at
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BZÖ-Chef Peter Westenthaler ist am Dienstag am Wiener Landesgericht
wegen falscher Zeugenaussage zu neun Monaten bedingt verurteilt worden.
Richter
Peter Liebetreu sprach in der Urteilsbegründung von "eindeutigen
Beweisergebnissen". Die Verurteilung ist nicht rechtskräftig,
Verteidiger Josef Wegrostek meldete volle Berufung an.Der mitangeklagte Noch-BZÖ-Sprecher Lukas Brucker wurde im Zweifel freigesprochen.
"Nächster Akt in der Hetze"
Westenthaler
zeigte sich nach der Urteilsverkündung empört. "Das ist ein politisches
Urteil. Jeder, der den Prozess miterlebt hat, muss zu diesem Schluss
kommen."Der BZÖ-Obmann bezeichnete sich als Opfer einer
"politisch gefärbten Justiz": "Das ist der nächste Akt in der Hetze
gegen Peter Westenthaler. Es wird versucht, den Peter Westenthaler
systematisch umzubringen und zu ruinieren."Westenthaler nicht BZÖ-Spitzenkandidat
Für
Westenthaler hat das Urteil auch Folgen für die weitere politische
Karriere. Westenthaler wird definitiv nicht als Spitzenkandidat des BZÖ
bei der Nationalratswahl antreten, laut Generalsekretär Gerald Grosz
aber sehr wohl erneut in den Wahlkampf ziehen.
Nachwehen der "Prügelaffäre"
Westenthaler
hatte sich das Strafverfahren mit seinem Zeugenauftritt im Prozess
gegen seinen früheren Leibwächter Siegfried Kobal "eingebrockt".Der
Bodyguard wurde im März 2007 in der orange "Prügelaffäre" am Wiener
Landesgericht zu vier Monaten bedingter Haft verurteilt, weil er den
früheren Sprecher von Ex-Justizministerin Karin Gastinger, Christoph
Pöchinger, mehr als unsanft aus einem Lokal befördert hatte."Sehr, sehr fröhlicher Abend"
Westenthaler
hatte unter Wahrheitspflicht zu Protokoll gegeben, ihm sei "nichts
aufgefallen von Tumulten, Schlägereien". Er habe "einen sehr, sehr
fröhlichen Abend verbracht".Zahlreiche andere Augenzeugen
konnten sich hingegen mehr oder weniger deutlich an einen Tumult oder
zumindest an eine lebhafte Diskussion zwischen Westenthaler und
Pöchinger über den Parteiaustritt Gastingers erinnern, für den der
BZÖ-Chef offenbar ihren Sprecher mitverantwortlich machte.Ausführliche Urteilsbegründung
Der
Tatbestand der falschen Zeugenaussage sei "in subjektiver und
objektiver Hinsicht erfüllt", so Richter Peter Liebetreu in seiner
ausführlichen Urteilsbegründung."Keine Schmutzkübelkampagne"
"Wir
sind daher zu einer anderen Wahrheit gekommen als Ihre Wahrheit",
wandte sich der Richter direkt an den ob des Schuldspruchs konsterniert
wirkenden Spitzenpolitiker. "Wir sind keine rote Justiz! Wir machen
keine Schmutzkübelkampagne gegen Sie", sagte Liebetreu weiter."Absolute Schulduneinsichtigkeit"
Bei der Strafbemessung wurde die bisherige gerichtliche Unbescholtenheit des BZÖ-Obmanns als mildernd berücksichtigt.Wie
Liebetreu ausführte, sei Westenthalers "absolute
Schulduneinsichtigkeit" demgegenüber "beinahe einem Erschwerungsgrund"
gleichgekommen: "Als jemand, der in der Öffentlichkeit steht, haben Sie
mit dieser Vorbildwirkung ein ganz schlechtes Bild geliefert."Eine
Geldstrafe sei aus general- und spezialpräventiven Gründen "nicht
vertretbar" gewesen, befand Liebetreu. Die Bevölkerung hätte das
möglicherweise so interpretiert, "dass die oben es sich wieder
gerichtet haben".
Wenn man so durchliest, wie ein gewählter Nationalratsabgeordneter über die Justiz schimpft und ihr in fast paranoider Art und Weise Parteilichkeit vorwirft, muss man sich schon fragen, ob ein solcher Herr in der politischen Öffentlichkeit überhaupt noch tragbar ist.
Als größte Frechheit aber empfinde ich die Tatsache, dass Westenthaler zwar nun nicht mehr Spitzenkandidat ist (wäre ja noch schöner!), aber "sehr wohl erneut in den Wahlkampf ziehen" wird:
Mittlerweile wird in unserem Land schon nahezu bei allen Jobs ein "einwandfreier Leumund" verlangt, egal ob man Manager wird oder Badeschlapfenverkäufer. Einen einwandfreien Leumund verliert man ab einer Verurteilung von 3 Monaten oder 180 Tagessätzen und zwar egal ob die Strafe bedingt oder unbedingt ausgesprochen wurde.
Ein Mitglied des gesetzgebenden Organs aber kann sich erlauben, trotz nicht einwandfreiem Leumunds sich dem Wähler gegenüber für "einen Job", nämlich für den eines Nationalratsabgeordneten zu "bewerben".
Wo ist da die Gerechtigkeit?
Bzw. wo sieht man da den Gleichheitsgrundsatz? (Art. 7 B-VG?)
Manchmal kann man nur den Kopf schütteln ....