Was ist neu
Ist es Optimismus, Selbstvertrauen oder einfach nur Gewohnheit: auf der KAC-HP werden jedenfalls die Ticket-Preise für die PO-Spiele vor den Preisen für den Grunddurchgang angeführt. Und das vor einer Saison, in der für den Rekordmeister und vorjährigen Vizechamp eine PO-Teilnahme alles andere als verbrieftes Grundrecht sein wird. Nicht nur, daß sich die anderen Vereine teils hochkarätigst verstärkt haben – der KAC 2005/06 kann nur unter Aufbietung allen Wohlwollens als dem Vorjahresteam ebenbürtig eingeschätzt werden. 7 teils wichtigen Abgängen stehen bis jetzt nur 5 Neuzugänge gegenüber, und viel mehr werden es mit nur einer offenen Transferkarte auch nicht mehr werden. Die Sparsamkeit der Klagenfurter überrascht doch, haben sie die letzten beiden Jahre die Heimspiele doch bis zum letzten Finalspiel ausgekostet und in beiden Saisonen einen Zuschauerschnitt über Plan vorweisen können. Daß bei einem Verein, der traditionell sehr viel auf den Eigenbau setzt, trotzdem keine Überschüsse für neue Verpflichtungen zu existieren scheinen, spricht ein bedenkliches Wort für den Zustand der heimischen Liga, die sich in der aktuellen Größenordnung nur noch via reichen Gönnern finanzieren läßt. Der KAC wird auch dieses Jahr ohne potenten Hauptsponsor in die Saison gehen und könnte zum erstenmal mit dem Verfehlen der PO's dafür bezahlen. Daran wird auch eine Fr.Horten nichts ändern, vor allem, wenn der Fluß aus dem Nachwuchs für einmal unterbrochen scheint.
Die wichtigsten Neuen
Ricard Persson, Verteidiger vom DEL-Meister Berlin mit über 200 NHL-Spielen; Chad Hinz, kanadischer Center aus zweiter schwedischer Liga kommend; Ryan Foster, Neu-Österreicher auf Suche nach dem Beweis seiner Erstligatauglichkeit; Christoph König, ewig underperformender Sohn einer KAC-Legende.
Wer wird fehlen
Mit Daniel Welser verloren die Klagenfurter ein Jahr nach Thomas Koch nun auch den zweiten großen Jungstar. Welser zog es wie seinen einstigen Linienkollegen Koch nach Schweden, und zwar zu Skelleftea in die zweite Liga. Eine weitere KAC-Ikone, Gerald Ressmann, heuerte wie PO-Entdeckung Christian Ban in Wien bei den Capitals an. Von Mike Siklenka wurde der Verbleib in Klagenfurt eh nicht erwartet, und dass Steve Washburn gehen mußte, überraschte angesichts der Dauerkritik an seiner Leistung und dem generell zu hohen Anspruchsdenken an Legionäre in Klagenfurt nicht wirklich. Nur soviel: nach schwachem Beginn war Washburn im Jahr 2005 einer der besten der Liga. In den 31 Spielen ab Ende Dezember scorte Washburn 43 Punkte (11T/32A), davon 17 im PP. Sein Linienkollege Iob erzielte im gleichen Zeitraum 24 Treffer, 8 davon im PP und die meisten nach Assist von Washburn. Beide führten auch mit je 16 Punkten die PO-Scorerwertung der EHL an. Wollte der Waschbär nicht bleiben oder konnten oder wollten die Klagenfurter ihn nicht behalten?
Tor
Andrew Verner is back – und das ist gut so. Ein zweitesmal dürfte den Rotjacken nicht das Glück beschieden sein, einen Ausfall vom Magic mit dem noch besseren Dan Cloutier abfangen zu können. Verner war in seinen 19 Auftritten der statistisch gesehen beste Torwart der Liga, und hochgerechnet auf die ganze Saison wäre der KAC mit Verner wahrscheinlich vor den Capitals auf Platz 1 des Grunddurchgangs gelandet. Wenn es ein Team in der Liga gibt, daß von seinem Schlußmann wirklich abhängig ist, dann der KAC. Sein Ersatzmann Hannes Enzenhofer konnte die 'Chance' der Verletzung Verners nicht zu seinem Vorteil nutzen und die Fragezeichen über seine Fähigkeiten sind nach den Spielen als Verner-Ersatz nicht weniger geworden. Seinen größten Auftritt hatte er in den Schlußminuten von Game 5 in Wien, als er kurzfristig für den verletzten Cloutier ins Spiel kommen mußte und dem KAC den Sieg sicherte. In Game 6 humpelte dann wieder der angeschlagene Verner ins rote Gehäuse.
Verteidigung
Ähnlich dem Finalgegner aus Wien startet auch der KAC mit bescheidenen 6 Verteidigern in die kommende Saison. Und nachdem die Klagenfurter mit Christian Ban ihren Aushilfsverteidiger an die Capitals verloren haben, probten sie in der Vorbereitung mit Power-Forward David Schuller als neue alternative Defensiv-Variante. Angeblich mit ansehlichem Erfolg. Sollte nicht der letzte Transferkartenspiele für einen siebten Defender verwendet oder doch noch ein heimischer Verteidiger gefunden werden, wird dieses Experiment wohl auch im Laufe der Saison seine Fortsetzung finden. Bei nur 6 Defensivkräften, die zu 50% aus Spielern Mitte 30 bestehen, fast unausweichlich. Gesund und munter kann es die Starting 6 der Klagenfurter mit allem in der Liga aufnehmen: auf der einen Seite hat man mit Leader Viveiros, Igor Ivanov und Neuzugang Persson 3 sehr gute Routiniers, denen mit den jungen Ratz, Reichel und dem Rückkehrer der Saison, Johannes Kirisits, einiges an Potential mit Erstliga-Erfahrung gegenübersteht. Der Kern dieser Formation hat schon gegen Wien's Traumsturm bestanden und sollte auch ohne Siklenka und Kent Fearns in Kombination mit Goalie Verner für gute Absicherung der 0 sorgen. Solange sich eben keiner verletzt.
Angriff
Spiele verliert man nicht, wenn man hinten sicher steht. Spiele gewinnt man aber nur, wenn man vorne die Tore schießt. Und dort fangen beim KAC die Probleme an: wer soll außer Tony Iob die nötigen Treffer erzielen. Und wer wird nach Washburns Abgang die Vorlagen zu Iobs Treffer liefern? Wenn alles gut geht, wird es Neuzugang Chad Hinz sein, doch die offensive Wundertüte haben sie sich auch mit Hinz nicht geholt.Der Rest des Klagenfurter Angriffs besteht vor allem aus gekreuzten Fingern: kann Ryan Foster sein Scorerpotential auch auf Erstliga-Ebene ausspielen? Wird Heimo Lindner diesmal länger als nur im ersten Drittel der Saison scoren (im Vorjahr 19 Punkte in den ersten 17 Spielen, danach nur noch deren 11)? Kann sich Dominik Strobl nach 2 lausigen Jahren und einem Zwischenstopp in der Oberliga wieder in der Bundesliga zurechtfinden? Kann Christoph König seinen Karrierknick der letzten zwei Jahre stoppen und mehr als nur ein unterschneller Checker sein? Kommt diesmal mehr Offensive von den braven Arbeitern Schuller, Ofner und Horsky? Kann einer der jungen (Wilfan, Ibounig, Schellander) einen entscheidenden Schritt vorwärts tätigen? Werden die meisten dieser Fragen mit JA beantwortet, dann – aber nur dann – hat der KAC eine sehr gute PO-Chance. Aber wie groß ist die Wahrscheinlichkeit dafür?
Trainer
Seltsames Klagenfurt: Jorma Siitarinen übernimmt ein junges Team, dem niemand großartig viel zutraut, und steuert es durch Monate der Kritik und Ablösungsgerüchte zum überraschenden Titel. Danach wird er gefeuert und Insider verbreiten, daß ohnehin die Routiniers um Viveiros und Ressmann die Geschicke der Mannschaft geleitet hätten. Mit Mats Waltin kriegen die Klagenfurter ihren Wunschtrainer, und der erhält einige prominente Verstärkungen. Von der groß angekündigten Offensive mit dem Torpedo-System kann man zwar das ganze Jahr über eher wenig berichten, doch zu Waltins Glück wütet der Verletzungsteufel wild genug, um ausreichend Entschuldigungen parat zu haben. Mit Cloutier, dem Aufwachen vom Waschbär und der Rückkehr der Verletzten kann der KAC eine der stärksten Truppen der Liga stellen, die es bis ins Finale um die Meisterschaft schafft und dort die favorisierten Capitals an den Rande der Niederlage bringt. Wie es Waltin schafft, einen angeschlagenen & dezimierten Gegner bei 2 Matchballen nicht das K.O. zu verpassen, ist ein Paradestück von Fehlcoaching. Die Klagenfurter verzichten in Game 6 & 7 auf ihre bewährte Defensiv-Taktik und als obersten Schelmenstreich zerreist Waltin in den letzten beiden Spielen die starke PO-Linie Schuller-Horsky-Ofner. Der KAC versemmelt beide Spiele, Wien wird doch noch Meister und Waltin bleibt gelobt weiter KAC-Coach. Seltsames Klagenfurt.
Special Teams
Einem adäquaten Penalty Kill stand im Vorjahr ein lausiges Power Play gegenüber. Nur knapp 18% der ligaweit meisten Überzahlspiel konnten verwertet werden, und wer in Game 6 der Finalserie mitansehen durfte, wie der KAC 9 PP-Chancen nur zu einem erhaltenen Shorthander nutzen konnte, hat etwas für's Eishockeyleben gelernt: so spielt man das nicht. Im Jahr zuvor besaß der KAC noch das potenteste PP der Liga, ob der Rückfall nur mit dem Weggang von Thomas Koch zu erklären ist? Für diese Saison stellt sich erneut die Frage, wer im PP die Fäden ziehen und wer außer Iob die Tore schießen soll? Das Penalty Killing ist dank der erklecklichen Anzahl braver Arbeiter und der guten Defense in besseren Händen, und der beste Penalty Killer der Liga steht dankbarerweise auch im KAC-Tor: Andrew Verner.
Local Hero
In 2 Jahren KAC erzielte Tony Iob 74 Tore, 67 Assists, 24 PP-Tore, 15 Game Winner, 3 Shorthander – und das, obwohl er fast 200 Minuten an Strafen ausfaßte. Nebenbei schoß er die Kärtner zu einem Titel und einer Vizemeisterschaft, alles mit unterschiedlich spielenden Centern. Noch Fragen, wer neben Andrew Verner der wichtigste Klagenfurter Spieler ist? Doch: warum wird Iob eigentlich relativ selten genannt, wenn's um die besten Spieler der heimischen Liga geht?