hab ich grad im caps forum gelesen:
Ex-Panther-Dompteur Jimmy Boni ist in Wien heimisch geworden
Roman Deininger
Wien (DK) Wenn er an Ingolstadt denkt, das will Jimmy Boni gleich klarstellen, erinnert er sich immer zuerst an die schönen Momente, an das Sensationsfinale gegen Düsseldorf, an die Meisterfeier in Bad Tölz, an den Aufstieg in die Deutsche Eishockey-Liga. An was sonst, könnte man fragen: Drei Mal in drei Jahren hat der Eishockeylehrer den ERC Ingolstadt in die Endspielserie der 2. Bundesliga geführt und eine fast unverschämte Ära des Erfolgs eingeläutet.
"Als ich 1999 nach Ingolstadt kam", sagt Boni, "und davon gesprochen habe, dass wir es eines Tages in die DEL schaffen könnten, hat man mich für verrückt erklärt. Mein Gott, wir haben unsere Leistungsträger damals aus der Oberliga geholt, wir hatten kein Geld!" Gut fünf Jahre später wäre man im gleichen Ingolstadt tendenziell enttäuscht, wenn es in der Elite-Liga nicht mindestens fürs Play-off-Halbfinale reichen sollte. Boni: "Ich hoffe, dass jedem in Ingolstadt klar ist, dass auch wieder andere Zeiten kommen werden."
"Das Ende hatte ich nicht verdient"
Es ist die Geschichte eines wundersamen Gipfelsturms, die Boni erzählt, und er erzählt sie ganz selbstverständlich aus der Perspektive des Autors. Dieser steht heute in Wien an der Bande der Vienna Capitals, seine Ingolstädter Geschichte schreiben andere fort. Das allein wäre für Boni gar kein Problem · wenn da nicht eine Handvoll weniger schöne Momente wären, die ihn nicht loslassen wollen: "Das Ende hatte ich nicht verdient."
Im Dezember 2002 ist er als Trainer zurückgetreten, er hatte sich mit Teilen des Teams überworfen, die Play-downs drohten. Zur nächsten Saison kehrte er jedoch als Sportdirektor zurück: "Ich konnte nicht loslassen, Ingolstadt war etwas Besonderes." Doch es war ein kurzes Intermezzo für Boni: "Ich wollte wieder trainieren. Es war gut, einen Neuanfang zu wagen." Die harsche Kritik an seiner Transferpolitik habe ihn geärgert: "Ich habe immer an die Mannschaft geglaubt, die wir gebaut haben. Und ich habe Recht gehabt." Woher jene Kritik genau kam? Boni sagt bloß: "Das ist vorbei."
Ein "Glücksfall" für die Capitals
Im Herbst 2003 wechselte Boni zu den Capitals in die Erste-Bank-Eishockey-Liga; ein bessser dotiertes Angebot aus Linz habe er ausgeschlagen. Als der Italokanadier in Wien antrat, waren die Capitals abgeschlagenes Schlusslicht, ein desolater Haufen, der sich noch beim Heimdebüt des neuen Trainers mit 1:8 vom Eis schießen ließ. Dann kam eine Länderspielpause, "die einzige Gelegenheit", meint Boni im Rückblick, "das Ruder herumzureißen." Zwölf Spiele standen noch aus, und die Capitals gewannen zehn davon, stiegen nicht ab, kratzten sogar noch an den Play-offs.
Seitdem gilt Boni in Wien als "Glücksfall" · so nennen ihn die Fans der Caps, so nennen ihn die lokalen Eishockey-Journalisten. Die Bewunderung nimmt witzige Züge an: Wenn ein Berichterstatter irgendeine Maßnahme des Coaches hinterfragt, dann immer nur mit dem Nachsatz: "Aber Boni weiß schon, was er tut." Einen holprigen Start in die laufende Runde konnte sich der 41-Jährige deshalb leisten, inzwischen stimmt die Chemie in der Mannschaft.
Ein Team bauen · das war schon immer Bonis große Stärke. Stolze 19 Spiele in Folge seit Oktober haben die Hauptstädter in der regulären Spielzeit nicht verloren, sind souveräner Tabellenführer und erster Titelaspirant. Bei seiner Einschätzung der Chancen mischt Boni Selbstbewusstsein und Bodenhaftung, wie er das schon in Ingolstadt gern getan hat: "Wir wollen Meister werden, ganz klar. Aber wenn wir am Ende hinter unangenehmen Gegnern wie Klagenfurt oder Linz stehen, wäre das auch keine Schande."
Einen gewissen Druck kann Boni aber nicht leugnen, er hat den drittgrößten Etat der Liga zur Verfügung und einige Hochkaräter im Team: Frederic Chabot, über Jahre in Nürnberg ein Top-Goalie in der DEL; Dieter Kalt, Ex-Kölner und österreichischer Nationalmannschafts-Kapitän; und natürlich Bob Wren, der begnadete Techniker, der im Dress der Augsburger Panther die DEL durchwirbelte, bevor er sich für das etwas beschaulichere Stürmerleben in Österreich entschied.
Von der Entscheidung für eine vermeintlich international zweitklassige Liga, versichert Boni, habe er bisher nur profitiert: "Ich habe mich entwickelt als Coach, bin nicht mehr so verbissen. Letztes Jahr habe ich auch gelernt, eine Mannschaft zu trainieren, die ich nicht selbst zusammen gestellt habe." Vor allem aber hat sich seine Eishockey-Philosophie verändert: "Ich will nicht einfach nur gewinnen, ich will schön gewinnen. Zerstörerisches Defensivhockey ertrage ich nicht mehr. Deshalb bin ich froh, hier in einer Lage zu sein, in der wir uns schönes Spiel leisten können." Gerade zu Hause schießen die Capitals oft mal sechs, sieben, acht Tore · seit sie das tun, ist die Albert-Schultz-Eishalle in Kagran mit fast 5000 Besuchern stets bis unters Dach gefüllt.
Vertrag läuft im Sommer aus
Bonis Vertrag bei den Caps läuft im Sommer aus, und es wundert niemanden, dass der Lockruf der DEL bereits durch den Wiener Wald rauscht. Ein konkretes Angebot liegt ihm vor (vermutlich aus Kassel), ein weiterer Verein hat Interesse signalisiert. "Ich bin geschmeichelt, aber ich neige dazu, hier zu bleiben. Beide DEL-Clubs kommen aus dem unteren Tabellendrittel. Da müsste ich neu etwas aufbauen und wahrscheinlich wieder defensiv spielen lassen, um zu überleben. Irgendwann werde ich eine neue Herausforderung brauchen, aber im Moment habe ich dazu keine Lust. Dafür genieße ich die Situation hier zu sehr."
Denn nicht nur die guten Arbeitsbedingungen bei den Capitals ("Tolle Halle und dazu noch eine zweite Eisfläche") haben es ihm angetan, sondern auch die Stadt selbst: "Wien ist wunderschön. Zu Fuß gehe ich fünf Minuten von meiner Wohnung zum Stephansdom. So eine Lebensqualität hatte ich noch nie." Boni ist in Wien heimisch geworden.